Warum wir unseren Begabungen folgen sollten – und nicht nur unseren Interessen
von Aljoscha Neubauer, Deutsche Verlags-Anstalt, 5.Auflage 2023, 270 Seiten

„Mach was du kannst“ vom renommierten österreichischen Psychologen und Professor für Differentielle und Persönlichkeitspsychologie Aljoscha Neubauer, ist ein eindrucksvoller Aufruf zur Selbsterkenntnis – und gleichzeitig ein kritischer Blick auf unsere Berufswahl, Karriereplanung und Personalentwicklung.

Neubauer beleuchtet in seinem Buch auf wissenschaftlich fundierte Weise, warum so viele Menschen ihre eigenen Talente falsch einschätzen und welche Folgen das für ihre Lebenszufriedenheit und berufliche Entwicklung haben kann. Er greift dabei auf neueste Erkenntnisse aus der Persönlichkeits- und Intelligenzforschung zurück und räumt mit dem Irrglauben auf, dass Leidenschaft allein ausreiche, um im Beruf langfristig erfolgreich und erfüllt zu sein.

Neubauer zeigt anhand fundierter psychologischer Forschung, wie stark wir Menschen dazu neigen, unsere eigenen Begabungen und Potenziale falsch einzuschätzen und welche Folgen das für die eigene Lebenszufriedenheit haben kann. Dieser Faktor sollte ebenfalls von Unternehmen im Bereich Personalauswahl und -entwicklung berücksichtig werden.

Eignung trifft Neigung – oder eben nicht!

Ein zentrales Thema in diesem Buch von Neubauer ist es, die oft vernachlässigte Unterscheidung zwischen Neigung (was wir mögen) und Eignung (wofür wir tatsächlich Begabung mitbringen) verständlich zu machen und die häufig vorkommende Diskrepanz zwischen Eignung und Neigung ersichtlich zu machen

Neubauer spricht hier von einem „Eignungs-Neigungs-Mismatch“. Denn wer beispielsweise glaubt, in einem künstlerischen Beruf aufblühen zu können, ohne über kreative Stärken zu verfügen, läuft Gefahr, langfristig zu scheitern oder sich zu überfordern. Gleichzeitig schlummern in vielen Menschen verborgene Talente, die nie entdeckt werden – schlicht, weil niemand ihnen hilft, diese zu erkennen.

Besonders hervorzuheben ist Aljoscha Neubauers Fähigkeit, komplexe psychologische Konzepte durch praxisnahe Beispiele, Selbsttests und anschauliche Abbildungen zugänglich zu machen. Leser*innen werden nicht nur eingeladen, sich selbst zu reflektieren, sondern bekommen auch Werkzeuge an die Hand, um die Passung zwischen ihrer Persönlichkeit, ihren Interessen und ihren tatsächlichen Stärken zu überprüfen. Er kombiniert in seinem Buch theoretisch fundierte Modelle, wie beispielsweise das RIASEC-Modell, mit praktischen Selbsttests, Reflexionsimpulsen und konkreten Handlungsempfehlungen für Einzelpersonen, Führungskräfte und HR-Profis.

Dieses Buch richtet sich keineswegs nur an Berufsanfänger*innen oder Studienabsolvent*innen, sondern auch an Personen, die sich in einer beruflichen Neuorientierung befinden. Aber auch Coaches, HR-Profis und Führungskräfte profitieren von Neubauers systematischem Zugang zu Potenzialentfaltung. Er betont, dass Selbsterkenntnis keine Privatsache ist, sondern ein strategischer Erfolgsfaktor – gerade in Zeiten zunehmender Unsicherheit, Talentknappheit und dem Ruf nach Sinn in der Arbeit.

Seine zehn Empfehlungen um einen „Eignungs-Neigungs-Mismatch“ vorzubeugen und zur Entdeckung, wie auch Nutzung der eigenen Begabungen sind ebenso hilfreich, wie seine Warnung vor Selbstüberschätzung, Narzissmus und dem Dunning-Kruger-Effekt – allesamt psychologische Phänomene, die auch in der Führungskräfteentwicklung eine Rolle spielen.

Wer also Menschen gezielter fördern möchte, muss zunächst verstehen, wie individuelle Unterschiede wirken und wo die blinden Flecke bei der Berufswahl liegen können.

Aljoscha Neubauer gelingt mit „Mach was du kannst“ ein ebenso fundierter wie praxisnaher Beitrag zur Frage, was Menschen wirklich erfüllt. Das Buch macht Mut, ehrlich auf sich selbst zu blicken, eigene Talente systematisch zu erforschen und Entscheidungen nicht nur aus dem Bauch heraus, sondern auf Basis von Eignung und Neigung zu treffen.

Für Führungskräfte, HR-Verantwortliche, Coaches und alle, die Menschen entwickeln, liefert dieses Werk wertvolle Impulse zur Potenzialdiagnostik, Personalentwicklung und Selbstreflexion. Besonders in Zeiten von Fachkräftemangel und „New Work“-Bewegungen wird klar:

Wer Menschen langfristig binden will, muss ihnen ermöglichen, das zu tun, was sie wirklich können – nicht nur, was sie gerne möchten.

Eine klare Leseempfehlung für alle, die Beruf und Berufung in Einklang bringen möchten – und für Organisationen, die Potenziale nicht nur erkennen, sondern entfalten wollen.

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