Egal, ob es um einen Gebrauchtwagen(ver)kauf, eine Vereinbarung zwischen Kunde und Lieferant oder um den nächsten Familienurlaub geht – beinahe täglich finden wir uns in Verhandlungssituationen wieder. Grund genug, sich dieses Thema mal genauer anzusehen.

Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Verhandlungsansätzen bzw. Verhandlungsstrategien. Ganz grundsätzlich können diese zu zwei Gruppen zugeordnet werden:

  • Kompetitive Verhandlungsstrategien
  • Kooperative Verhandlungsstrategien 

Konkurrenzstrategie oder kompetitives Verhandeln

Bei dieser Strategie geht es einzig und allein darum, zu gewinnen. Es zählen nur die eigenen Interessen und Ziele. Die Position des Verhandlungsgegners wird attackiert, die eigene Position mit Argumenten untermauert. Geht es um Geld, landet man schnell beim Feilschen.

Häufig werden bei dieser Verhandlungsstrategie auch Drohungen, Lügen und diverse Tricks angewendet, um die eigenen Ziele zu erreichen. Endergebnis ist meist eine Win-Lose- Situation. Das hat dann häufig zur Folge, dass, wenn die beiden Verhandlungsparteien erneut aufeinandertreffen, „Rachegedanken“ auftreten – der Verlierer vom letzten Mal möchte diesmal der Gewinner sein.

Es ist naheliegend, dass diese Strategie meist zu Lasten der Beziehung der Verhandlungsparteien geht. Insbesondere Drohungen oder Lügen (z. B. „Wenn Sie den Preis nicht reduzieren, bestellen wir künftig bei der Konkurrenz!“) machen das Entstehen von Vertrauen unmöglich. Daher ist diese Strategie suboptimal, wenn man an einer längerfristigen Beziehung zur anderen Verhandlungspartei interessiert ist.
 
Kooperative Verhandlungsstrategie oder sachbezogenes Verhandeln

Der Unterschied dieses Ansatzes zum kompetitiven Verhandeln beginnt schon bei der Sprache: statt vom Verhandlungsgegner spricht man vom Verhandlungspartner. Es geht also nicht darum, einen Gegner zu besiegen, sondern darum, eine Lösung zu finden, die die Interessen beider Partner gleichermaßen befriedigt. Idealerweise ist das Ergebnis als eine Win-Win-Situation.

Das bekannteste Verhandlungsmodell, das die Umsetzung einer kooperativen Verhandlungsstrategie verfolgt, ist das sogenannte „Harvard-Konzept“. Dieses wurde in den 70er-Jahren vom amerikanischen Rechtswissenschaftler Roger Fisher gemeinsam mit dem Verhandlungs- und Konfliktexperten William Ury entwickelt und erstmals 1981 in dem Buch „Getting to yes“) vorgestellt.

Das Konzept beruht auf dem Harvard Negotiation Project der Harvard-Universität. Es ist ein Teil des „Program on Negotiation“ der Harvard Law School und beruht auf drei Grundannahmen: Vernunft, Ganzheitlichkeit und Fairness:

  • Vernunft ist eine der produktivsten menschlichen Eigenschaften.
  • Der Blick auf das Gesamtbild ist langfristig effektiver als Einzeltaktiken.
  • Fairness wird von Menschen unterschiedlichster Kulturen als erstrebenswerte Eigenschaft bewertet. 

Ein groß angelegtes Forschungsprojekt an der Harvard Law School konnte bestätigen, dass Verhandlungen mit Win-Win-Ergebnissen nachhaltig sind und künftige Verhandlungen der Partner miteinander erleichtern. Darüber hinaus wurde erforscht, welche Vorgehensweisen speziell in Verhandlungssituationen das Erreichen von Win-Win-Ergebnissen begünstigen.

Das Ergebnis dieser Untersuchungen sind die sogenannten vier „Harvard-Prinzipien“: 

  1. Person und Sache trennen und getrennt behandeln
    Gefühle und Emotionen spielen in Verhandlungen oft eine wesentliche Rolle. Menschliche Bedürfnisse, wie z. B. Wertschätzung oder Anerkennung sind oft wichtiger als der eigentliche Verhandlungsgegenstand.
    Diese Bedürfnisse zu erkennen und den Verhandlungspartner respektvoll und auf angemessene Art und Weise zu behandeln ist oft der Schlüssel zu einem guten Verhandlungsergebnis.
  2. Akzeptierte Kriterien anwenden
    Richten Sie Ihr Verhandlungsergebnis an gemeinsam vereinbarten Entscheidungskriterien aus. Wenn Sie diese bereits im Verlauf diskutieren, muss keiner am Ende „nachgeben“, weil diese Kriterien bereits von beiden als fair anerkannt sind und sich daher beide Parteien dieser Lösung anschließen können.
  3. Interessen klären – weg von Positionen
    Sinn und Zweck Ihrer Verhandlungen ist es, Ihre Interessen zu befriedigen (nicht Ihre Positionen zu verteidigen). Um jedoch zu einem für beide Verhandlungspartner befriedigenden Ergebnis zu gelangen, müssen die Interessen beider Seiten berücksichtigt werden. Nur dann wird eine langfristig nützliche Beziehung entstehen.
    Werden Sie sich klar über Ihre Interessen und die ihres Verhandlungspartners. Das setzt voraus, sich mit den Interessen des Verhandlungspartners beschäftigen zu wollen und Klarheit über die eigenen Interessen zu haben. Gerade Letzteres ist nicht selbstverständlich: Häufig sind wir uns zuerst nur unserer Positionen bewusst, nicht aber der dahinterliegenden Interessen. Eine gute Verhandlungsvorbereitung ist hier der Schlüssel zum Erfolg.
  4. Optionen/Lösungsmöglichkeiten entwickeln
    Nutzen Sie kreativitätssteigernde Methoden, um Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. Erarbeiten Sie Optionen, welche den Interessen beider Parteien dienen. Sie verändern auf diese Weise Form und Umfang der Verhandlung im Interesse beider Parteien. Oft kennzeichnen sich Optionen dadurch, dass sie der einen Seite mehr bringen, als sie der anderen kosten. 

Resümee

Egal für welche Verhandlungsstrategie Sie sich entscheiden – kompetitiv oder kooperativ –  eines haben beide Varianten gemeinsam: eine gute Verhandlungsvorbereitung ist die wichtigste Voraussetzung für eine gelungene Verhandlung.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Erfolg für Ihre nächsten Verhandlungen.

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