Der Begriff „Präventionsparadox“ wurde Anfang der 1980er Jahre vom britischen Epidemiologen Geoffrey Rose am Beispiel der koronaren Herzkrankheiten beschrieben, erklärt der Public Health-Experte Martin Sprenger. Es stellt ein grundlegendes Dilemma der bevölkerungs- und risikogruppenbezogenen Prävention dar. Die Kernaussage: Eine präventive Maßnahme, die für Bevölkerung und Gemeinschaften einen hohen Nutzen bringt, bringt dem einzelnen Menschen oft nur wenig – und umgekehrt.

In den letzten Wochen geisterte dieser Begriff im  Zusammenhang mit der Covid 19 – Pandemie immer wieder durch die Medien: durch die Lock Downs in Deutschland und Österreich hatte sich die Situation zunächst derart entspannt, was dazu verführte, ihre Sinnhaftigkeit in Frage zu stellen. Nach dem Motto: „Warum das Ganze eigentlich, ist doch eh‘ nichts passiert?“ Die Menschen werden „Corona-müde“.

Angewendet auf Maßnahmen im unternehmerischen Bereich betrachten wir z. B. das Thema Arbeitsschutz. Helme, Arbeitsschuhe Schutzkleidung etc. – ist das alles wirklich notwendig? „Mir ist noch nie was auf den Kopf gefallen.“ „Ich bin sowieso vorsichtig.“  Arbeitsschutz wird oft als lästig bis oberlästig bewertet – solange keine Arbeitsunfälle passieren. Wird aber ein Arm abgetrennt oder ein Bein zertrümmert, wird offensichtlich, was verhindert hätte werden können. Zu spät.

Maßnahmen kommunizieren

Eine wichtige Rolle dabei spielt die richtige Kommunikation entsprechender Maßnahmen. Die Sinnforscherin Prof. Dr. Tatjana Schnell von der Uni Innsbruck und der Psychologe PD Dr. rer. Nat. Henning Krampe von der Charité haben dazu eine Studie mit mehr als 1500 Menschen durchgeführt. Schnell: „“Wenn die Sinnhaftigkeit nicht erkennbar ist, ist es für viele Menschen schwer, Selbsteinschränkungen aufrecht zu erhalten“. Werden Interessensgruppen und Minderheiten demokratisch in die Entscheidungen eingebunden, hat Selbstbeherrschung weniger mit Gehorsam als mit einer informierten, persönlichen Entscheidung zu tun.

Sicher kann in einer Organisation nicht jeder gefragt werden, wenn es um unternehmerische Entscheidungen geht. Umso wichtiger ist die Kommunikation dieser Entscheidungen auf allen Ebenen. Wir arbeiten bei Coverdale dabei mit der sogenannten „Entscheidungszwiebel“.

Dieses Werkzeug ermöglicht es, bei anstehenden Entscheidungen

  • einen Perspektivenwechsel vorzunehmen
  • den Zweck der Entscheidung über ein „Wozu?“ klar zu definieren
  • ein „Big Picture“ der Entscheidung zu entwickeln
  • für jeden Bereich zu definieren, was jeder Einzelne dazu beitragen kann

Nicht jede Unternehmensentscheidung, die langfristig einem konkreten Zweck dient, ist auf Teamebene oder für den einzelnen Mitarbeiter sofort nachvollziehbar.

Dazu nehmen wir in einem ersten Schritt einen Perspektivenwechsel vor, entwickeln im Rahmen der Entscheidungsfindung in einem ersten Schritt, welche positiven bzw. negativen Auswirkungen die Entscheidung für jeden Bereich haben wird und ordnen diese dann  den jeweiligen Ebenen zu.

Ganz wesentlich bei der Kommunikation ist die Definition von Sinn und Zweck der Maßnahme herunter bis auf die „Ich-Ebene“: „Wozu soll ich das eigentlich alles machen?“ „Wozu soll ich diesen Aufwand treiben?“

Das erleichtert in der Folge die Kommunikation „von oben nach unten“. Die Führungskräfte oder Verantwortlichen erhalten ein „Großes Ganzes“, kennen sich aus und wissen um die Vorteile und Herausforderungen bei der Umsetzung der Maßnahme.

Oder, um abschließend das Zitat von Prof. Dr. Schnell ins Positive zu verkehren: Wenn die Sinnhaftigkeit einer Maßnahme für mich erkennbar ist, bin ich leichter dazu bereit, Entscheidungen mitzutragen und meinen Beitrag dazu zu leisten.

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