Ein mittelständisches Unternehmen mit rund 40 Führungskräften stand vor einem Führungswechsel. Der Gründer und langjährige Geschäftsführer, der das Unternehmen über Jahrzehnte geprägt hatte, übergab die Verantwortung an einen Nachfolger. Während der Gründer vieles im Alleingang entschied und die Führungskräfte ihm aufgrund seiner Expertise folgten, wollte der neue Geschäftsführer einen anderen Weg gehen: Er wollte ein echtes Führungsteam aufbauen, das Verantwortung übernimmt und aktiv gestaltet.

Der erste Schritt: Leitbild und Rollenprofile

Gemeinsam mit den Führungskräften entwickelten wir ein Führungsleitbild und gemeinsame Führungswerte. In einer kleinen Projektgruppe, der auch die HR-Verantwortliche angehörte, wurden anschließend Rollenprofile für die Führungskräfte erarbeitet – differenziert nach zwei Ebenen: Bereichsleitung und Abteilungsleitung.

Einige Führungskräfte – vor allem die erfahrenen – hatten zunächst Bedenken. Sie befürchteten, dass sie „blöd dastehen“ könnten, wenn ihr Ergebnis stark vom Sollprofil abweicht. Diese Sorge konnten wir lösen, indem die Auswertung in 1:1-Coachings besprochen und die Ergebnisse neutralisiert wurden. So hatte nur die jeweilige Führungskraft Einblick in ihr persönliches Ergebnis. Die Dokumente wurden den Führungskräften übergeben und in der Organisation wurden nur die neutralisierten Ergebnisse gespeichert.

Der zweite Schritt: Kompetenzprofile mit KODE®

Das Kompetenzmodell, das wir nutzten, war KODE®. Es ermöglicht eine Selbst- und Fremdeinschätzung von Kompetenzen. Die Sollprofile enthielten jeweils 10 Kompetenzen und die jeweilige Kompetenzausprägung. Die Führungskräfte führten eine Selbsteinschätzung ihrer Kompetenzen mit einem Fragebogen durch. Danach trafen wir jede Führungskraft zu einem 1:1 Coachinggespräch, in dem wir das Profil durchbesprachen und den Entwicklungsbedarf definierten.

Die Ergebnisse wurden wie vereinbart in neutralisierter Form gemeinsam mit HR und dem Geschäftsführer gesichtet. Auf dieser Basis entstand ein Führungskräfteprogramm, das gezielt jene Kompetenzen stärkte, die im Rahmen der Coachinggespräche als Entwicklungsfelder sichtbar geworden waren.

Der dritte Schritt: Feedback als Kulturthema

Um eine nachhaltige Kompetenzentwicklung sicherzustellen, schlug die Projektgruppe dem Geschäftsführer schon früh im Prozess vor, neben der Arbeit an den Kompetenzprofilen auch das Thema Feedback in der Organisation zu stärken. In einer begleitenden OE-Maßnahme wurde intensiv daran gearbeitet, das Thema Feedback im Unternehmen stärker zu verankern. Einerseits bei Teammeetings, aber auch bei jeder Delegations-Situation und in der täglichen Führungsarbeit.

Zwischen allen Führungskräften einer Linie (Bereichsleiter mit den zugehörigen Abteilungsleiter*innen, bzw. zwischen allen Abteilungsleiter*innen in einem Bereich) wurde monatlich 1:1 Feedback implementiert, wo es darum ging, das Thema Feedback zu etablieren.

Der vierte Schritt: Ausweitung auf die Expert*innen-Ebene

Nachdem die Grundlagen in der Führungsmannschaft gelegt waren, wurde das Kompetenzmanagement auch auf Expert*innen-Ebene ausgerollt. Die Führungskräfte übernahmen dabei die Rolle der Feedbackgeber*innen. Gemeinsam mit HR entstand ein strukturierter Personalentwicklungsprozess, der fachliche Expertise und Kompetenzen klar unterscheidet und in einem kontinuierlichen Dialog verankert ist.

Erkenntnisse aus dem Projekt

  • Kompetenzmanagement funktioniert nur, wenn es in bestehende Prozesse eingebunden wird – etwa Mitarbeiter*innengespräche, Feedbackrunden und Coaching.
  • Fachliche Fähigkeiten lassen sich vergleichsweise leicht dokumentieren, Kompetenzen dagegen sind Entwicklungsprofile. Hier geht es weniger um Bewertung, sondern darum, Fortschritte sichtbar zu machen.
  • Eine starke Feedbackkultur ist entscheidend, um Kompetenzentwicklung im Alltag zu begleiten.
  • Die Einführung von Kompetenzmanagement verändert nicht nur HR-Prozesse, sondern stärkt die Führungskultur insgesamt.

Das Unternehmen hat den Führungswechsel genutzt, um einen neuen Weg einzuschlagen: weg vom „Alleingang des Chefs“, hin zu einem Führungsteam, das Verantwortung teilt und sich gemeinsam weiterentwickelt.

Das Kompetenzmanagement nach KODE® wurde dabei zum Hebel – nicht als Bewertungssystem, sondern als Entwicklungsinstrument, das Transparenz schafft und Lernen fördert.

Rate this post