Als Erfinder gilt Kurt Ludewig, Universität Hamburg. Das Systembrett ist eine 50 x 50 cm große Unterlage; ursprünglich aus Holz, heute wird dafür meist ein harter Karton oder dünnes Sperrholz verwendet. In 5 cm Abstand von der Kante ist ein Rand gezeichnet. Wenn das Systembrett mobil zum Einsatz kommen soll, reicht auch ein Flipchart, mit einem eingezeichneten Quadrat von 50 x 50 cm.

Der „letzte Schrei“ für die Arbeit mit dem Systembrett sind 3 durchsichtige, übereinander montierte Platten mit Zwischenräumen, um mit mehreren Zeithorizonten parallel arbeiten zu können. Der gleiche Effekt ist allerdings auch mit drei Systembrettern, die gleichzeitig benutzt werden und die zeitlich jeweils einen Rahmen bekommen, ebenso erreichbar. Auf diesem Brett können Wirklichkeiten verstanden, verstellt und ab- oder umgebaut werden, um sich greifbare Lösungen als Konstrukteur seines Prozesses zu bauen.

Das Brett hat immer einen Außen- und Innenraum, der durch die Linie markiert ist. Auf dem Brett wird „gebaut“. Das Baumaterial besteht aus unterschiedlich großen, unterschiedlich bunten Figuren aus Holz. In der Familientherapie werden heute noch kleine Stoffpuppen oder „Playmobil“-Figuren benutzt. Die Holzfiguren weisen 2 Augen und eine Nase auf. Der Kunde ergreift jede einzelne Figur und stellt diese auf dem Brett auf, so wie er es für richtig hält. Der Kunde gibt der Figur eine Blickrichtung (je nachdem wohin die Nase zeigt), eine Position (wo die Figur steht, liegt) und spricht für die Figuren. Er sagt, was die „Aufgestellten“ denken und fühlen und womit sie beschäftigt sind. Je nach Verfügbarkeit können anstelle von schönen Holzklötzchen auch umgedrehte Kaffeetassen oder Flaschen mit Etikette genutzt werden. Der Henkel oder die Etikette dient als „Nase“. Es können auch „Gummibärlis“ verwendet werden. Wichtig ist in diesem Fall nur, darauf zu achten, dass die benutzten Gummibären nicht aufgegessen werden (abgesehen von hygienischen Gründen, möchte ich nicht meine Kollegen verschlucken, die ich gerade „aufgestellt“ habe).

Wenn der Kunde mit der Aufstellung seiner Situation beginnt, erlebt der Coach relativ schnell eine Veränderung im Verhalten des Kunden. Meist wirkt der Kunde zu Beginn noch verunsichert oder verkrampft. Sobald Kunden die Figuren in die Hand nehmen, begeben sie sich in einen Lernprozess mit sich selbst. Der Coach unterstützt diesen Prozess mit hilfreichen Fragen und indem er den Kunden auffordert, sich die „Ist-Situation“ möglichst aus unterschiedlichen Perspektiven anzuschauen. Der Kunde hat die Möglichkeit, sich in Ruhe mit seiner „Konstruktion“ zu beschäftigen, sobald sein Bild steht. Er hat damit die Möglichkeit, wiederum Beobachter seiner Wirklichkeit zu werden – und teilt diese Perspektive mit dem Coach.

Der Kunde sieht sehr häufig, wenn er sein „Bild“ betrachtet, schon nach kurzer Zeit neue Perspektiven. Wenn der Coach spürt, dass der Kunde zum nächsten Schritt bereit ist – die Stimmung des Kunden verändert sich normalerweise schlagartig in Richtung Lösungsbereitschaft – bittet der Coach den Kunden, sein Zielbild aufzustellen, meist begleitet von der Frage: „Wie würde das Bild aussehen, wenn alle Schwierigkeiten gelöst sind? Was wäre dann anders?“ Ich finde es in dieser Situation immer faszinierend, zu sehen, wie sich die Körperhaltung und der energetische Zustand des Kunden verändern. Plötzlich werden die Bewegungen entschlossen, der Griff zu den Figuren ist meist viel bestimmter als vorher. Der Kunde hat meist das Lösungsbild schon relativ klar im Kopf, wenn er es zu stellen beginnt.

Im Anschluss daran wird der Betrachtungsprozess wiederholt, und aus dieser „Euphorie“ heraus werden erste Maßnahmen entwickelt, die der Kunde umsetzen möchte. Dieser Veränderungsprozess, der jetzt zum „Greifen nah“ ist, sollte allerdings kontinuierlich begleitet werden, damit Stabilität im Prozess und auch danach gewährleistet ist.

Die Grundlage dieser Methode liefert der radikale Konstruktivismus. Er besagt, dass Wissen im Menschen erzeugt wird und eine Konstruktion darstellt. Die Wahrnehmung ist damit selektiv, von Stimmungen und Einstellungen geprägt und ist unsere konstruierte Wirklichkeit. Auf Basis dieser konstruierten Wirklichkeit urteilen und handeln wir. Das Konstruieren ist kein bewusster, sondern ein unbewusster Prozess, bei dem Erfahrungen geordnet und zueinander in Beziehung gesetzt werden. Nach konstruktivistischer Theorie entsteht eine Form der Objektivität, wenn ein Gegenüber implizit versucht, die Wahrnehmungen eines anderen Subjektes nachzuvollziehen, zu verstehen.

Prinzipiell geht das systemisch-konstruktivistische Coaching davon aus, dass sich zwei Experten treffen. Der Coach ist Experte für den ziel- und lösungsorientierten Umgang mit Problemen, während der Kunde für seine Situation Experte ist. Coach und Kunde bilden also ein System, das darauf ausgerichtet ist, problemlösend zu agieren und insbesondere das Handlungsrepertoire des Kunden zu erweitern, um ihm damit die Möglichkeit zu bieten, mehr Freiheiten in seinem Planen und Handeln als Option zu eröffnen. Während des Expertentreffens kooperieren Coach und Kunde. Der Kunde bringt seine Fragestellungen mit. Damit schafft er die Voraussetzung dafür, gemeinsam mit dem Coach neue und veränderte Sichtweisen zu entdecken und Handlungsalternativen zu entwickeln. Das Ziel ist infolgedessen die Umsetzung der neu entwickelten Handlungsalternativen.

Das Systembrett ist für diese Form des Coachings ein sehr hilfreiches Instrument, sich neue Perspektiven zu eröffnen und auf spielerische Art und Weise neue Zugänge zu einem Thema zu finden.

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