Als ich vor mehr als 20 Jahren das erste Mal mit Coverdale als Beratungsunternehmen in Kontakt kam, erklärte mir der damalige Geschäftsführer, dass Coverdale eine ganz besondere Form des Erfahrungslernens als Kernmethode hinter allen damaligen Trainingsmaßnahmen hat.

Ich war damals sehr frisch im Trainingsgeschäft und hatte in meiner Ausbildung von der Methode „Erfahrungslernen“ gehört. Für mich bedeutete der Begriff, dass man im Training die Möglichkeit hat, bestimmte Dinge auszuprobieren, um daraus zu lernen. Ich fand die Methode grundsätzlich spannend, aber nichts Besonderes.

Schon nach dem ersten Training, an dem ich teilnahm, war mir klar, dass meine Erwartung, wie „Erfahrungslernen“ nach der Coverdale-Methode funktioniert, verschieden war. Die Coverdale Methode des Erfahrungslernens war komplett anders als erwartet. Spannend für mich war, dass es einige Zeit gedauert hat, bis ich als Trainerin den Charme dieser Methode voll durchblickt habe.

Heute, nach rund 23 Jahren Erfahrung als Trainerin starte ich den Versuch, unsere Methode so zu erklären, dass Laien und Expert*innen den Unterschied wahrnehmen können, wieso Trainings von Coverdale so „anders“ sind als gängige Veranstaltungen von anderen Anbietern.

Coverdale – The Skills Company

Unsere Kernkompetenz als Trainingsunternehmen ist der Aufbau von Skills im Rahmen von mehrtägigen Trainingsmaßnahmen. Wir starten jedes Trainingsdesign damit, dass wir mit unseren Kund*innen die Lernziele für die Maßnahme genau besprechen. Unsere wichtigste Frage dafür ist: „Was sollen die Teilnehmenden am Ende der Maßnahme können?“ Anschließend erarbeiten wir gemeinsam mit unseren Kunden das endgültige Design.

Praktisches Tun

Auf Basis der Lernziele entwickeln wir ein Design, das auf gemeinsamem praktischem Tun in Kleingruppen basiert. Die mit den Kund*innen vereinbarten Lernziele werden von unseren Berater*innen so zerlegt, dass sich ein aufbauender Flow ergibt, der sicherstellt, dass die Teilnehmenden am Ende des Trainings die vereinbarten Fähigkeiten, die mit den Lernzielen verbunden sind, auch erreichen.

Die Aufgaben, welche die Teilnehmenden gemeinsam erledigen, bezeichnen wir als „neutrale Aufträge“, da die Teilnehmer*innen kein fachspezifisches Know-how benötigen, um diese erledigen zu können. Damit werden fachliche Diskussionen vermieden, und die Teilnehmenden kommen schnell ins Tun. Das wiederum ist erforderlich, um in sehr kurzer Zeit soziale und Prozess-Fähigkeiten zu entwickeln.

Arbeiten mit Rückblenden

Eine weitere Kernkompetenz unserer Berater*innen ist es, mit einer sehr spezifischen Review-Technik zu arbeiten, die nachhaltigen Skillsaufbau erst ermöglicht.

Wir starten die Rückblende mit einer ausführlichen Analyse der gerade abgelaufenen Übung.

  • Individuelle Analyse:
    Dabei reflektiert jede Person zuerst individuell, welches Verhalten der einzelnen Teammitglieder hilfreich und förderlich für die Zielerreichung war und welches Verhalten eher schwierig war. In diesem ersten Schritt geht es also um persönliche Sichtweisen der einzelnen Teammitglieder und nicht um eine Bewertung der Situation im Sinne einer „Plus/Minus-Liste“.
  • Teilen der Analysen:
    Im zweiten Schritt sammelt der anwesende Coach alle Gedanken der Teilnehmer*innen ein und stellt diese wertfrei nebeneinander. Dabei kann es vorkommen, dass eine Person bestimmte Verhaltensweisen als hilfreich und andere die gleiche Verhaltensweise als hinderlich erlebt hat. Nachdem alle Aspekte für alle Teilnehmer*innen sichtbar gemacht wurden, betrachtet die Gruppe gemeinsam das Ergebnis. Dabei geht es darum, die einzelnen Sichtweisen zu akzeptieren, Aspekte, die unklar sind zu hinterfragen, um so ein gemeinsames Bild auf die Situation zu bekommen.
  • Der Bericht der Beobachter*innen:
    In jeder Übung fungiert mindestens eine Person als Beobachter*in. Nachdem die Teilnehmer*innen ihre Sichtweisen ausgetauscht haben, sind die Beobachter*innen an der Reihe und stellen ihre Beobachtungen zur Verfügung. Wesentlich dabei ist, dass auch die Beobachter*innen sich auf „echte“ Beobachtungen konzentrieren und nicht in einen Bewertungsmodus verfallen. Statt: „Das war gut oder das war schlecht“, arbeiten wir mit: „Die Person X hat zum Zeitpunkt Y gesagt oder getan. Das hatte folgende Auswirkung auf den Prozess der Zusammenarbeit.“ Diese Beobachtungen bringen zumeist noch wesentliche Erkenntnisse für die Gruppe und dienen als Hilfestellung, nicht als Bewertung.
  • Eigene Erkenntnisse:
    Am Ende der Analyse halten die Teilnehmer*innen die eigenen Erkenntnisse, die sie aus der Übung gewonnen haben, fest, und teilen diese mit den anwesenden Kolleg*innen.

Nach der ausführlichen Analyse erfolgt nun der wichtigste Teil der Rückblende, in dem sich die Gruppe auf Vereinbarungen einigt, was sie das nächste Mal bewusst gleich macht, bewusst anders macht oder vielleicht nicht mehr macht, bevor die nächste Übung beginnt.

Für die Coaches ist die Rückblende ein wesentliches Arbeitsinstrument, da in der Rückblende von den Teilnehmer*innen viele Aspekte angesprochen werden, die die Coaches im Rahmen des gleich folgenden Plenums nutzen können, um den nächsten Entwicklungsschritt der Gruppe einzuleiten.

Nachlese und Impuls für die nächste Iteration

Am Ende jeder Rückblende, die praktisch die gleiche Zeit in Anspruch nimmt wie die Übung selbst, treffen sich die Kleingruppen zu einer gemeinsamen Nachlese.

Wenn mehrere Kleingruppen aktiv waren, stellen die einzelnen Gruppen ihre Ergebnisse und ihre Rückblenden vor, sodass alle Teilnehmer*innen den gleichen Wissensstand haben. Während dieser Phase unterstützen die Coaches als Moderator*innen und ermöglichen Nachfragen an die jeweils anderen Gruppen, wenn Teilnehmende mehr Informationen über den Ablauf der Übung in den anderen Teams wissen wollen. In diesen Situationen helfen die Coaches aus den erlebten Praktiken dahinterliegende Prinzipien sichtbar zu machen.

Ist der Austausch beendet, sind die Coaches wieder am Zug: Es geht darum, genau den passenden Impuls zu geben, der nötig ist, damit die Gruppe den nächsten Lernschritt macht, und die nächste Übung, die Lern technisch auf der ersten aufbaut, erfolgreich bewältigen kann.

Die Theorieelemente, die wir dafür benötigen, wurden zum Teil von Coverdale selbst entwickelt, vor allem wenn es um das Thema Zusammenarbeit geht, oder stammen aus profunden Quellen wie zum Beispiel das Harvard Konzept im Kontext von Verhandlungssettings.

Anzahl der Iterationen

Als Ralph Coverdale in den 60er-Jahren gemeinsam mit Bernhard Barrington Smith die Coverdale-Methode entwickelte, dauerten die Trainings oft eine Woche und länger. Mittlerweile haben wir die Methode so professionalisiert, dass wir in zwei- bis drei-tägigen Trainings auskommen, um ein spezifisches Skills Set aufbauen zu können.

Die Grundidee der Methode

Im Rahmen eines Trainings erhalten die Teilnehmenden unter Labor-Bedingungen die Gelegenheit, erfolgreiche Praktiken beispielsweise im Bereich der Zusammenarbeit zu entwickeln. Als erfolgreich erkannte Praktiken werden wiederholt und verfeinert und durch die Unterstützung der Coaches zu Prinzipien verdichtet. Es funktioniert auch in umgekehrter Richtung: Existieren in einem Unternehmen bereits erfolgreiche Prinzipien, beispielsweise im Kontext der Führung, entwickeln die Teilnehmenden unter Laborbedingungen erfolgreiche Praktiken.

Relevanz der Coverdale-Methodik für moderne Personalentwicklung

Die Coverdale-Methode ist in den 60er-Jahren entstanden und hat aus meiner Sicht auch heute noch hohe Relevanz, wenn Kund*innen die Kompetenzen von Führungskräften und Expert*innen weiterentwickeln wollen.

Wir haben mittlerweile die Methodik verfeinert, und auf viele weitere Themen im Kontext von Führung und Zusammenarbeit umgelegt, sodass wir heute über ein breites Portfolio an Themen verfügen, in dem wir arbeiten. Der Fokus liegt dabei weiter auf dem Thema Führung und Zusammenarbeit.

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