Schon Marshall Rosenberg hat in seinem bekannten Buch „Gewaltfreie Kommunikation“ beschrieben, dass Menschen soziale Wesen sind, die auf das Miteinander ausgerichtet sind. Das würde den Schluss nahelegen, dass die Zusammenarbeit eigentlich ganz einfach ist, weil wir das aus unserer biologischen Struktur herauskönnen. Das ist leider ein Trugschluss.

Die Zusammenarbeit mit anderen erfordert eine Reihe von Kompetenzen.

• Fachkompetenz: Wir wenden technisches sowie berufliches Können an. Das haben wir in unserer Berufsausbildung gelernt (als Ingenieure, Finanzfachleute, Betriebswirte, Buchhalter etc.).

• Prozesskompetenz: Dieser Kompetenzcluster unterscheidet einerseits Methodenkompetenzen (die jeweils angewendeten Instrumente) und soziale Kompetenzen, die das Verhalten der Menschen bei diesem Vorgehen beschreiben. Die Entwicklung dieser Fähigkeiten ist ein fortlaufender Prozess.

Viele Teams müssen derzeit im Schichtmodell arbeiten. Das bedeutet, eine Woche ist die „Vormittagsschicht“ im Office, in der nächsten Woche die Nachmittagsschicht. Dieses Modell ist für viele Unternehmen ein Muss auf Grund der Corona-Pandemie. Wir wollen hier einige der dadurch entstehenden Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, näher betrachten:

Das soziale Miteinander

Disloziert arbeitende Teams verlieren schnell das Zusammengehörigkeitsgefühl. Manche Führungskräfte versuchen mit sternförmiger Kommunikation (ausgehend von der Führungskraft) gegenzusteuern. Das führt dazu, dass für die Führungskraft der Eindruck entsteht, mit allen in Kontakt zu sein, was sogar richtig ist. Die Zusammenarbeit der Teammitglieder leidet allerdings dadurch, weil die direkte Kommunikation der Teammitglieder abnimmt und oft nur auf die Arbeit beschränkt wird.

Unser Tipp:

  • Egal ob selbstorganisiertes oder geführtes Team – schaffen Sie Gelegenheiten, bei der sich alle sehen und miteinander in Kontakt treten: Das kurze Morgenmeeting oder der gemeinsame “virtuelle Pausenkaffee” leisten hier gute Dienste. Vor allem die Regelmäßigkeit hilft, die verlorengehenden, direkten sozialen Kontakte zu kompensieren.
  • Zwischen den Schichten ist es hilfreich, institutionalisiert Überschneidungszeiträume zu schaffen, in denen auch schichtübergreifend kommuniziert werden kann. Virtuelle Meetings leisten hier auch in Corona-Zeiten gute Dienste.
  • Arbeitet das Team „gleichzeitig“ zur Hälfte im Homeoffice, raten wir dringend an, die gemeinsame Kommunikation auf ein Hybridformat umzustellen und den Umgang mit diesem Format zu schulen. Dabei geht es vor allem darum, dass die Leute, die physisch anwesend sind, den Kollegen, die zugeschaltet werden, genug Raum einräumen, Gehör zu finden. Bietet das Unternehmen keine guten Raumkameras für die Arbeit im Hybridformat, ist die bessere Option, gleich auf virtuelle Meetings umzusteigen.

Informationsfluss

Führungskräfte, die schon seit Jahren mit dem Modell arbeiten, beschreiben die Herausforderung, den Infofluss im Team aufrechtzuerhalten als größtes Problem für sich selbst, weil sie nie genau wissen, wer hat die Info, wer nicht. Dadurch entsteht schnell Unzufriedenheit oder das Gefühl, alleingelassen zu werden.

Unser Tipp:

  • Denken Sie mit dem Team und im Team darüber nach, welche Informationen für wen wichtig sind und schaffen Sie Formate, die eine persönliche Überbringung von allgemeinen Nachrichten obsolet machen. Die Führungskraft als „Informationsquelle“ ist ein Relikt der 60er Jahre, dass sich einfach zu lange gehalten hat. 
  • Informationen und Wissen im Team auszutauschen und zu verteilen, ist eine wesentliche Challenge, wenn disloziert gearbeitet wird. Auch hier helfen virtuell nutzbare Tools wie Newsticker, Wickis, übersichtliche Taskbords etc., um das Thema zu erleichtern. Wir arbeiten z. B. mit Microsoft Teams in Bezug auf Task-Planning:
    • Wir nutzen die Chat-Funktion für die schnelle Kommunikation und
    • das Planner Tool, um Aufgaben zu verteilen bzw. aufgabenbezogene Kommunikation zu steuern
    • Mit der Team Collaboration Software Miro entwickeln wir im virtuellen (und mittlerweile auch immer mehr physischen) Kontext gemeinsam Ideen.

Verbindlichkeit der Leistungserbringung

Teammitglieder, die bisher sehr „eng“ geführt wurden, empfinden es, plötzlich keine An(leitung) mehr zu haben als sehr unangenehm. Die größte Herausforderung ist hier, die Prozesskompetenz der Mitarbeiter soweit zu erhöhen, dass sie, ausgestattet mit klaren Zielen, eigenständig arbeiten können. In manchen Fällen ist auch ein virtuelles miteinander arbeiten möglich.

Unser Tipp:

  • Organisieren Sie die Zusammenarbeit über virtuelle Planner Tools, wo taskbezogen kommuniziert werden kann.
  • Planen Sie die Arbeitszeiten so, dass Menschen, die intensiv zusammenarbeiten müssen, möglichst in der gleichen Schicht arbeiten, um persönliche Treffen (physisch oder virtuell) zu ermöglichen.
  • Führen sie kurze Review-Schleifen ein, damit Mitarbeiter, die noch unsicher sind, was sie tun sollen, nicht zu lange in die falsche Richtung laufen.

Spielregeln vereinbaren

Implizite Spielregeln, die in analog arbeitenden Teams praktiziert werden, verlieren rasch ihre Bedeutung, wenn disloziert gearbeitet wird. Es werden plötzlich andere Themen wichtig, wie zum Beispiel Reaktionszeiten, Eskalationswege etc.

Unser Tipp:

  • Vereinbaren Sie mit den Kollegen, mit denen Sie intensiv zusammenarbeiten müssen, wie die Kommunikation laufen soll. Wichtige Faktoren sind dabei:
    • Was wird über welchen Kanal geschickt?
    • Welche Reaktionszeiten sind vereinbart?
    • Was passiert bei Problemen?
    • Wie sollen Konfliktsituationen gelöst werden?
    • Wann ist der Vorgesetzte einzubinden?
    • Wie kann Transparenz geschaffen werden? Wer arbeitet woran (Planner), um nicht dauernd Nachfragen zu müssen?
    • Einigen Sie sich auf ein Tool, das alle nutzen, und in dem auch alle „nachschauen“ können.  

Gleiches gilt auch für Projektteams und Schnittstellen bzw. in der Regelkommunikation mit Kunden.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Erhöhung der Komplexität gut zu managen ist, wenn man sich dem Thema bewusst stellt, und sich die Zeit nimmt, die Kommunikationsprozesse dieser Situation anzupassen. Es ist nicht hilfreich, einfach weiterzumachen wie bisher, und davon auszugehen, dass die Mitarbeiter damit schon irgendwie klarkommen.

In diesem Sinne wünschen wir für den Corona-Herbst alles Gute und stehen für weiterführende Gespräche zu diesem Thema gerne zur Verfügung.

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