Vor einigen Wochen hatte ich ein Leadership Training mit Führungskräften. Es ging dabei darum, Mittel und Wege zu finden, die Fähigkeit zur Zusammenarbeit in den Teams zu stärken. Die Führungskräfte sollten dabei „kleine“ Interventionen entwickeln, die zum einen schnell umsetzbar sind und zum anderen auch wirkliche Verbesserungen bringen. Die Ideen, die hier beschrieben sind, stammen von einer Peer Coaching Gruppe.

Das Team der Führungskraft besteht aus fünf Mitarbeitern. Zwei davon sind sehr erfahren und arbeiten schon länger als Zweier-Team zusammen. Die drei anderen Mitarbeiter sind vor Kurzem dazugestoßen und sollen nun gemeinsam mit den beiden Seniors eine neue Einheit formen.

Die Führungskraft wollte das Team möglichst selbstorganisiert zusammenarbeiten lassen, weiß aber auch, dass der Entwicklungsstand der Mitarbeiter noch nicht hoch genug ist, um diese Zusammenarbeitsform, die ja davon lebt, dass jedes Teammitglied seinen Job selbstständig erledigen kann, im Team zu etablieren. Es war aber sein Ziel, so schnell wie möglich dort hinzukommen.

Die Peer Group hat gemeinsam mit der Führungskraft herausgefunden, dass sie an zwei Themen schwerpunktmäßig arbeiten muss. Einerseits geht es darum, möglichst schnell das Know How aufzubauen, das nötig ist, um in dem Team gleichwertig mit den Seniors mitzuarbeiten, und andererseits muss das Team lernen, so gut wie möglich zusammenzuarbeiten.
Dafür haben Führungskraft und Peergroup drei Interventionen entwickelt, die die Führungskraft zukünftig mit dem Team einführen möchte.

Work Hack 1: Ein kurzes tägliches Abstimmungsmeeting
Die drei neuen Teammitglieder des jungen Teams brauchen relativ viel Unterstützung von den Seniors. Nachdem die beiden erfahrenen Mitarbeiter täglich mehrfach als „Auskunftspersonen“ herhalten müssen, zeichnet sich bereits ab, dass die beiden erfahrenen Kollegen die vielen Fragen der neuen Mitarbeiter als immer stärkere Belastung empfinden. Sie werden außerdem dauernd aus ihrer eigenen Arbeit herausgerissen, was dazu führt, dass die eigenen Themen der Seniors in Verzug geraten.

Um dieser Tendenz entgegenzusteuern, findet ab Montag täglich ein kurzes „Daily“ statt, das als „Standup – Meeting“ durchgeführt wird. Das Team trifft sich jeweils um 08:45 Uhr für 15 Minuten, um kurz abzustimmen, wie viel Zeitbedarf die neuen Mitarbeiter für den jeweiligen Tag haben und woran jeder an dem Tag arbeiten wird. Wichtig dabei ist, das kein Thema inhaltlich besprochen wird, sondern nur eine Abstimmung stattfindet.

Außerdem haben die Seniors seit einer Woche jeweils die Stunde vor der Mittagspause reserviert. Wenn die Juniors die Zeit benötigen, stehen die Seniors zur Verfügung. Wenn nicht, ist das eine zusätzliche, terminfreie Stunde.

Warum um 08:45 Uhr? Ganz einfach – die erfahrenen Kollegen starten schon um 07:30 Uhr und haben damit eine gute Stunde „Junior-freies“ Arbeiten. Die Juniors kommen um 08:30 und haben so 15 Minuten vor dem Meeting, um ihre Fragen vom Vortag abzustimmen.

Work Hack 2: Wöchentlicher Puls-Check
Das neue Team soll sich von Anfang an daran gewöhnen, dass die Mitarbeiter persönliche Themen, die die Zusammenarbeit belasten, sehr schnell ansprechen, um möglichst friktionsfrei arbeiten zu können.

Die Führungskraft möchte ebenfalls möglichst nahe am Team sein, damit sie schnell reagieren kann, falls sich Schwierigkeiten abzeichnen. Das Team soll Konfliktfähigkeit lernen und die Zusammenarbeit untereinander stärken.

Die Intervention, die die Peergroup mit der Führungskraft dafür entwickelt hat, ist eine Abwandlung der „Pulse-Check-Methode nach Virginia Satyr“.

Die Führungskraft hat in das wöchentliche Jour fixe einen 15-minütigen „Pulse-Check“ eingebaut. Dieser hat drei Fragen und wird bei jedem Mal genutzt. Die drei Fragen lauten:

  1. Auf was bin ich stolz, das in der letzten Woche passiert ist?
  2. Über was habe ich mich richtig geärgert?
  3. Welche offenen Themen habe ich mit wem aus dem Team zu klären?

Das Team brauchte nach der Einführung ungefähr zwei Monate, bis dieser kleine Work Hack sich so in die Meetingstruktur eingefügt hatte, dass das Team nicht mehr darauf verzichten wollte.

Für die Führungskraft war erstaunlich, wie wenige echte Streitereien es in dem Team gab, trotz hoher Belastung – sowohl für die Seniors, als auch für die Juniors. Die Führungskraft wie auch das Team schwören darauf, dass es der Pulse-Check ist, dem sie den Frieden zu verdanken haben.

Work Hack 3: Reviewing is the Amplifyer of Learning
Dieses Zitat stammt von unserem Firmengründer Ralph Coverdale und hat die beschriebene Führungskraft im Rahmen des Trainings besonders beeindruckt.

Jeder halbwegs erfahrene Manager hat schon einmal mit dem Thema „Reviews“ zu tun gehabt: In den meisten Fällen werden diese am Ende eines Projekts gemacht, wo meist bereits das nächste Thema wartet oder die Beteiligten wieder an neuen Themen arbeiten und das „alte“ Thema niemanden mehr interessiert. Sehr oft wird auch das inhaltliche Thema „gereviewt“ und der Prozess der Zusammenarbeit fällt eher unter den Tisch.

Gemeinsam mit der Peergroup hat die Führungskraft daher folgende Idee entwickelt, basierend auf der Art und Weise, wie bei Coverdale Rückblenden gemacht werden.

Er hat beschlossen, zukünftig jeden Task der länger als 0,5 Arbeitstage dauert (also alles über 4 Stunden) mit einem Pflicht-Review auszustatten. Dieses besteht im Wesentlichen aus drei Fragebereichen:

  1. Bin ich mit dem, was wir erreicht haben zufrieden/bzw. was können wir besser machen?
    Die Zufriedenheit wird immer in Bezug zu den Kriterien und zum Zweck, der im Rahmen der Zieldefinition vereinbart wurde, überprüft.
  2. Was war hilfreich in Bezug auf die Zusammenarbeit im Team?
    ​Der Fokus liegt dabei darauf, was die gemeinsame Zielerreichung unterstützt hat?
    Was war hinderlich in Bezug auf die Zusammenarbeit im Team?
  3. Was hat jeder einzelne aus der letzten Zusammenarbeit gelernt?
    Was wollen und werden wir bei nächsten Mal bewusst gleich machen?
    Was werden wir beim nächsten Mal bewusst anders machen?

Diese Reviews führt das Team nun bereits selbstständig durch und ist sehr damit zufrieden.

Die Führungskraft hat rund 12 Wochen nach dem Training berichtet, dass die Work Hacks immer noch genutzt werden und das Team bereits eigene kleine Interventionen entwickelt hat, die die Zusammenarbeit erleichtern.

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